Welterbe-Werte

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Stadtbild

Neben der spezifischen Grundrissstruktur der beiden Stadtkerne ist es in besonderer Weise das Stadtbild mit seinen unterschiedlichen Aspekten, das den Charakter der beiden Flächendenkmale ausmacht und sie als herausragende Beispiele hansischer Stadtbaukunst ausweist.

Es ist gekennzeichnet durch die Synthese kleinteilig parzellierter Baublöcke und einzelner großer, die Wohngebäude weit überragender Solitärbauten, insbesondere den Gebäuden des städtischen Gemeinwesens wie Pfarrkirchen, Klöster und Rathäuser.

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Stadttypus

Von der Seeseite zeigen sich die Altstädte von Stralsund und Wismar als traditionelle Hafen- und Handelsstädte. Die typische Bebauung der Hafenbereiche mit Speichergebäuden und Verladeanlagen prägt die Seefront, aber auch das ganze Stadtgefüge, denn sowohl durch den Straßenverlauf als auch durch die Blickbeziehungen sind weite Teile der Stadtanlage auf den Hafen bezogen. Der Hafen stellt in beiden Städten durch Lage, Erscheinungsbild, aber auch Stimmung und Ambiente einen wesentlichen stadtbildprägenden Faktor dar. In Wismar ist durch die weitestgehende Erhaltung des mittelalterlichen Hafenbeckens sogar das ursprüngliche Zusammenspiel von Stadtgefüge und Seefront ablesbar.

Ihren Charakter als ehemalige Festungsstädte geben die beiden Stadtkerne nur noch andeutungsweise zu erkennen. Insbesondere in Stralsund ist die zwischen dem Sund und den landseitigen Teichen gelegene Altstadtinsel noch heute als natürliche Festung erkennbar.

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Grundriss

Die im frühen 13. Jahrhundert angelegten Städte Stralsund und Wismar haben ihre mittelalterliche Grundrissstruktur bis heute weitestgehend unverändert bewahren können. Die innerhalb der Altstadtbereiche entwickelten Straßennetze, die Gefüge von Straßen- und Platzräumen, die Quartier- und Parzellenstrukturen sind nahezu unverfälscht überliefert.

Während sich der Stralsunder Stadtgrundriss als der Grundriss einer Fernhandelsstadt eindeutig der See zuwendet, ist der Wismarer Grundriss durch die Anbindung zum Hafen und die West-Ost-Handelsstraße geprägt und betont damit den Charakter Wismars als Fernhandelsstadt mit ausgeprägtem Exportgewerbe.

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Backsteingotik

Beide Städte verfügen über eine Vielzahl wichtiger Zeugnisse der Backsteingotik. Die insgesamt sechs aus Backstein errichteten Pfarrkirchen der Städte Stralsund und Wismar stellen in ihrer Gesamtheit einen repräsentativen Querschnitt durch die gotische Sakralarchitektur in den wendischen Hansestädten dar. Angefangen bei der Stralsunder Nikolaikirche, bis hin zur spätgotischen Georgenkirche in Wismar leistet jedes der sechs Bauwerke seinen spezifischen Beitrag zum Gesamtbild „wendischer" Kirchenarchitektur.

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Klöster und Spitäler

In Wismar haben sich von den zwei mittelalterlichen Klosteranlagen nur noch Reste erhalten. Von dem 1293 am südöstlichen Rand der Altstadt gegründeten Dominikanerkloster besteht heute noch der 1397 geweihte Chor der Klosterkirche, der 1878-80 in ein neugotisches Schulgebäude integriert wurde. Von dem 1251 gegründeten Franziskanerkloster konnte jüngst der Chor der Kirche archäologisch nachgewiesen werden.

In Wismar ist das 1249 gegründete Heiligen-Geist-Hospital auf der Nordseite der Lübschen Straße gelegen. Der Komplex von Spitalkirche und Wohntrakt hat sich hier in seiner mittelalterlichen Gestalt erhalten und bildet gemeinsam mit dem malerischen Innenhof, dem ehemaligen Friedhof, ein Ensemble von seltener Geschlossenheit.

In Stralsund sind beide Bettelordensklöster bewahrt geblieben, und besonders das 1251 gegründete Dominikanerkloster St. Katharinen ist in seinem fast vollständigen Erhaltungszustand geeignet, den Typus des Bettelordensklosters in der mittelalterlichen Hansestadt zu repräsentieren. Der Klosterkomplex wird heute vom STRALSUND MUSEUM und vom Meeresmuseum genutzt.

Das zweite Stralsunder Bettelordenskloster, das Franziskanerkloster St. Johannis, 1254 im Norden der Altstadt an der Stadtmauer gegründet, ist ein großer, um zwei Höfe gruppierter Baukomplex aus dem 13. bis 15. Jahrhundert.

In beiden Städten haben sich die Hospitäler „Zum Heiligen Geist", die - im Mittelalter über ganz Nord- und Mitteldeutschland verbreitet - der Aufnahme und Versorgung der Kranken, Alten sowie Reisender dienten, in seltener Geschlossenheit erhalten.

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Profanbauten

Neben den Sakralbauten der Backsteingotik verfügen beide Städte auch über einen umfangreichen Bestand an wertvoller Profanarchitektur, in dem das mittelalterliche Rathaus Stralsunds einen ganz besonderen Stellenwert einnimmt. Das Stralsunder Rathaus, eine lang gestreckte Vierflügelanlage, die der Westfassade der Nikolaikirche vorgelagert ist, stammt aus dem frühen 14. Jahrhundert. Binnen weniger Jahrzehnte realisiert, wurde es zum Vorbild einer ganzen Familie von Rathausbauten im südlichen Ostseeraum. Die monumentale Nordfassade wurde um 1350 vollendet. In ihrer Prunkhaftigkeit und Dekorationsfreude spiegelt sie deutlich den Stolz der Stadt auf dem Höhepunkt ihrer Machtentfaltung wider. Zugleich ist sie das prägnanteste Zeugnis der so genannten „Sundischen Gotik", die sich ab ca. 1330 in der Stadt am Sund als eigenständige, besonders prächtige Ausprägung der Backsteingotik entwickelte.

Von dem gotischen Rathaus Wismar, das an derselben Stelle wie der heutige klassizistische Nachfolgebau stand, haben sich, in diesen einbezogen, das aufgehende Mauerwerk bis ins erste Obergeschoss sowie zwei wesentliche Bauteile erhalten: Im Erdgeschoss des westlichen Seitenflügels liegt die Gerichtslaube, ein zweischiffiger, sechsjochiger Saal mit Kreuzrippengewölbe sowie der zweischiffige, achtjochige Rathauskeller, ebenfalls mit Kreuzrippengewölbe versehen.

In Stralsund hat sich im sog. „Kampischen Hof" in der Mühlenstraße die mittelalterliche Stadtniederlassung eines im Umland gelegenen Klosters in seltener Vollständigkeit und Authentizität erhalten. Des Weiteren verfügt Stralsund über das einzige erhaltene mittelalterliche Scharfrichterhaus im Ostseeküstenbereich. Dieses bedeutende Denkmal hansezeitlicher Rechtsgeschichte liegt unmittelbar am Rand des ersten Siedlungskerns. Erstmals 1289 urkundlich erwähnt, war es die Wohn- und Arbeitsstätte des Scharfrichters.

Ebenfalls als letztes erhaltenes Beispiel seiner Art muss das in seinem Kern mittelalterliche Gebäude der Stralsunder Stadtwaage an der Wasserstraße bezeichnet werden. Das nachweislich vor 1358 entstandene „Wulflamhaus" der gleichnamigen Bürgermeisterfamilie zeichnet sich durch das zusätzliche, über der Diele gelegene Saalgeschoss aus, das Repräsentationszwecken diente. Mit seinen polygonen Pfeilern, dem Wechsel von glasierten und unglasierten Backsteinen und den reichen Schmuckformen weist der Giebel eine unübersehbare Verwandtschaft mit der Nordfassade des Rathauses auf.

Bei dem an der Ostseite des Wismarer Marktes gelegenen „Alten Schweden" handelt es sich um ein eindrucksvolles Beispiel gotischer Giebelhausarchitektur. Der um 1380 errichtete Backsteinbau ist eingeschossig angelegt und verfügt oberhalb von Spitzbogenportal und Maßwerkfries über einen mächtigen, hoch aufragenden Staffelgiebel, dessen mittlere Achse über fünf weitere Geschosse reicht.

Von den ursprünglich insgesamt zehn Stralsunder Stadttoren blieben zwei der Landtore bewahrt, das Kütertor im Westen und das Kniepertor im Norden. Beides sind dreigeschossige Backsteinbauten mit spitzbogiger Durchfahrt und teilweise durchfensterter Blendengliederung. Das Kütertor stellt ein Beispiel für die in den Seestädten fast verschwundene frühe Bauphase der Stadttore um 1300 dar.

Eine Ergänzung bildet das in Wismar von ehemals fünf Toren erhaltene Wassertor am Hafen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Es handelt sich um einen quadratischen Backsteinbau über spitzbogiger Durchfahrt, der an der Stadtseite einen zinnenbekrönten Staffelgiebel mit sechsgeteilter Blendengliederung zeigt. An der Ostseite der Stadt befindet sich außerdem noch ein mittelalterlicher Mauerturm mit hohem Zeltdach, der seit 1685 zur Unterstützung der städtischen Wasserversorgung diente, weshalb er den Namen Wasserturm erhielt.

Mit dem allmählichen Niedergang der Hanse im Laufe des 15. Jahrhunderts verloren sowohl Stralsund als auch Wismar schrittweise an Bedeutung und Wohlstand. Die Epoche der Renaissance brachte in Stralsund nur wenige neue Gebäude hervor. Zu nennen wären das Eckhaus Badenstraße 12 aus dem 16. Jahrhundert, das zu Beginn des 17. Jahrhunderts errichtete Gebäude Badenstraße 42 mit niederländisch beeinflusster Renaissancefassade und das Doppelgiebelhaus Badenstraße 44. Beachtenswert sind weiterhin der in den Rathaus-Durchgang eingebaute Treppenaufgang von 1579 und das qualitätsvolle Portal in der Jacobiturmstraße 32 aus dem Jahr 1562.

In Wismar entstanden trotz nachlassender Wirtschaftskraft einige herausragende Beispiele norddeutscher Renaissancearchitektur, darunter der berühmte Fürstenhof, genauer der Nordflügel der ehemaligen Stadtresidenz der mecklenburgischen Herzöge. Ebenso bedeutend das zweite groß angelegte Renaissancegebäude Wismars, das sog. „Schabbellhaus" an der Schweinsbrücke, das heute vom Stadtgeschichtlichen Museum genutzt wird. Die aus roten Backsteinen im holländischen Riemchenformat bestehenden Straßenfassaden verfügen über reiche Gliederungselemente aus hellem Sandstein, der sich wirkungsvoll vom roten Mauerwerk abhebt. Die Ornamentik des Fassadendekors, die am Giebel und an den Portalen der Traufseite ihren Höhepunkt findet, folgt ebenso wie die Materialkomposition niederländischen Vorbildern. Im Inneren hat sich die Diele mit schöner Balkendecke und Eichenholzpflaster erhalten, ebenso die vom Keller bis zum Dach führende Wendeltreppe.

Von Philipp Brandin aus Utrecht stammt der Entwurf für die 1580-1602 auf dem Marktplatz errichtete „Wasserkunst", die das äußerst schmuckvolle Gehäuse für das Sammelbecken der kurz zuvor angelegten hölzernen Wasserleitung darstellt. Der inzwischen zu einem Wahrzeichen der Stadt Wismar avancierte imposante Pavillonbau zeigt die Formen der niederländischen Renaissance.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert herrschte in den schwedisch besetzten Städten Stralsund und Wismar eine rege Bautätigkeit. In Stralsund nimmt die 1746 ausgeführte Kommandantur einen prominenten Platz am Alten Markt ein. Das breite dreigeschossige Traufenhaus zeigt in seiner schlichten Formensprache schon Anklänge des Klassizismus.

Bereits 1726-1730 entstand in der Badenstraße das Schwedische Regierungspalais als zweigeschossige Dreiflügelanlage mit nach Süden offenem Hof. Unter dem Einfluss solcher traufständig errichteten schwedischen Verwaltungsgebäude entstanden einige der aufwändigeren, teilweise palaisartigen Wohnhäuser ebenfalls in Traufstellung, wie die Gebäude Ossenreyerstraße 1, Mönchstraße 23, Mönchstraße 11 und Badenstraße 39, das so genannte „Landständehaus".

In Wismar blieben zwei Militärbauten der schwedischen Regierung bewahrt: das Provianthaus und das Zeughaus. Letzteres gilt als eines der bedeutendsten barocken Zeugnisse schwedischer Militärarchitektur in Deutschland. Zwei Jahre vor dem Zeughaus wurde im Nordosten der Stadt ebenfalls in unmittelbarer Nähe der Stadtmauer das Königliche Schwedische Provianthaus errichtet.

Sowohl Stralsund als auch Wismar weisen einen großen Bestand an Neubauten und Überformungen des 19. Jahrhunderts auf. Innerhalb dieser Gebäudegruppen fallen in Wismar ganz besonders die zahlreichen klassizistischen Fassaden aus den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts auf, die in Stralsund keine Parallele finden. Das prominenteste Bauwerk aus der klassizistischen Stilrichtung ist der breitgelagerte, fast die gesamte Nordseite des Marktplatzes einnehmende Wismarer Rathausbau.

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Bodendenkmal

Das unterirdisch gelegene materielle Erbe ist für das Welterbe ebenfalls von Bedeutung. Bei den im Vorfeld von Neubauvorhaben anstehenden Grabungen sind Bauherren durch das Denkmalschutzgesetz dazu verpflichtet, systematische Grabungen mit gründlicher Befunddokumentation durchzuführen. In Fachkreisen stark beachtete Funde konnte die Unterwasserarchäologie des Landes Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren gerade in den Gewässern unmittelbar vor den Städten Stralsund und Wismar machen.